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Lebendiges Altern - dem Leben zugewandt
Wie möchte ich in meiner dritten Lebensphase leben? Wie
kann ich wohnen, ohne ins Altersheim gehen zu müssen? Diese Fragen standen auch am
Beginn der Initiativgruppe Beginenprojekt Hannover. Viele wünschen sich lebendiges
Altern, möchten dem Leben zugewandt bleiben und sich mitten im Leben fühlen
können. Konkret ist damit gemeint:
- generationsübergreifendes gemeinschaftliches Wohnen,
- lebendige Nachbarschaft (Vertrautheit bei gleichzeitiger
Möglichkeit der Abgrenzung),
- durch neues Wohnen und Leben Anregungen und Impulse für
neue Tätigkeiten und Erfahrungen, auch im Umgang mit sich selbst;
- Lebensqualität bis zum letzten Atemzug;
- Gewißheit, im Sterben von Freunden begleitet zu werden.
Vorbild: Das Bremer Beginenhofmodell
Dies ist ein Wohn- und Erwerbsprojekt für alleinstehende
Frauen aller Altersstufen. Im April 1997 wurde ein Verein gegründet, zur konkreten
Umsetzung im Juni 1997 eine Baugenossenschaft gebildet. Im Buntentorsteinweg-Viertel der
Bremer Neustadt entsteht ein Neubau mit 60 Wohneinheiten zur Hälfte als sozialer
Wohnungsbau, zur Hälfte als Eigentumswohnungen. Geplant sind auch
Einzelhandelsgeschäfte, Servicebüros, Praxen, Dienstleistungen aller Art, ein
Frauenhotel mit Tagungsräumen etc. Der Bau beginnt im Frühjahr 1999. Finanziert wird das
Projekt durch den Verkauf von Genossenschaftsanteilen, über den Sozialen Wohnungsbau und
über privates Eigentum. Die gewünschte Streuung der Altersgruppen und die Einbeziehung
von Migrantinnen soll durch Quotierungen erreicht werden. Das Bremer Beginenhofmodell ist
ein Schlüsselprojekt der Agenda 21 und wurde von der EXPO 2000 zur Registrierung
empfohlen. Ansprechpartnerin für die Öffentlichkeitsarbeit ist Dr. Erika
Riemer-Noltenius, Telefon 0421/ 23 97 53.
Ein Beginenprojekt für Hannover
keine simple Wiederholung mittelalterlicher Wohn- und Lebensformen
- Einen Beginenhof hat es in Hannover schon einmal gegeben.
Die heutige Initiativgruppe Beginenprojekt Hannover will natürlich keine mittelalterliche
Gemeinschaft von frommen Frauen werden aber sie möchte sich auf die Beginen
beziehen, Inspirierendes übernehmen und Überholtes für sich anpassen.
- Die Initiativgruppe Beginenhofprojekt wendet sich an
alleinlebende Frauen aller Altersstufen, mit und ohne Kinder, mit unterschiedlichem
sozialen Hintergrund und Lebensstil. Inhaltlich soll das Projekt über Konfessionen und
Parteien stehen.
- Das Beginenhofprojekt will die Isolation und Einsamkeit
alleinlebender Frauen überwinden und eine Alternative zu herkömmlichem Familienleben und
Altersheim anbieten. In einer Art Wahlverwandtschaft soll autonomes Wohnen und zusammen
Leben gleichermassen möglich sein.
Die Beginenhof - Initiativgruppe plant, unter einem Dach
(bzw. in einem Stadtviertel) zu leben und zu arbeiten, in abgeschlossenen Wohnungen
unterschiedlicher Größe sowie Gemeinschaftsräumen und einem Garten oder begrünten
Innenhof. Vorgesehen sind auch Gewerbeflächen. Infolge der beabsichtigten Ansiedlung von
Kleingewerbe (z.B. Café, Bistro, Servicebüro, Dienstleistungen aller Art, Frauenhotel
o.ä.) sowie für die Haus- und Grundstücksverwaltung sollen Arbeitsplätze für Frauen
geschaffen werden. Die räumliche Nähe soll gemeinschaftliche Aktivitäten,
Selbstorganisation und Nachbarschaftshilfe erleichtern. Gegenseitige Unterstützung und
Betreuung ohne finanzielle Aufrechnung sind ausdrücklich beabsichtigt. Die Vernetzung von
Wohnen, Arbeiten und Freizeit wird auch als Beitrag zur Umsetzung der Lokalen Agenda 21
verstanden.
Grundsätze der mittelalterlichen Beginen
übertragbar?
- Sahen die Statuten des Beginenhofes Hannover 1441 vor, daß
Männern kein Zutritt zu erlauben ist erst recht nicht verkleidet zur
Fasnacht -, so haben die modernen Beginen andere Vorstellungen: Einziges Kriterium
für die Bewohnerinnen soll sein, daß sie allein leben. Den Grundgedanken des Leben
durch der eigenen Hände Arbeit möchte die Beginen-Initiative übernehmen. Die
Gemeinschaft soll sich in der Regel selbst finanzieren; sei es durch Berufstätigkeit,
durch Altersversorgung oder ähnliches. Das ist auch als Fundament für das gewünschte
Leben nach selbstgegebenen Regeln zu verstehen. Im Gegensatz zu 1441, wo die
hannöverschen Beginen sich zu einem christlichen Leben in Keuschheit, Gehorsam und Armut
verpflichtet hatten (deren Einhaltung durch Stadtrat und Klerus pingelig überwacht
wurde!), stellt sich die Initiative heute die Regeln des Zusammenlebens anders vor: ihre
Leitgedanken sind Autonomie und Demokratie, das Konsensverfahren das Mittel ihrer Wahl.
Diskussion: Beginenidee und Beginenpraxis
was ist übertragbar, was sollte neu dazu kommen?
- In der Diskussion wurde vor allem der Bezug des geplanten
Frauenwohnprojektes auf die Beginenidee thematisiert. Die historischen Beginen üben eine
starke Faszination aus ungeteilt scheint die Würdigung ihrer ökonomischen
Unabhängigkeit und ihrer relativen Freiheit von der Obrigkeit. An der spirituellen
Komponente der Beginenidee hingegen scheiden sich die Einschätzungen. Die
mittelalterlichen Beginen wählten bewusst einen Mittelweg zwischen weltlicher und
geistlicher Lebensführung; das Beginenleben war eine spezifisch weibliche
Frömmigkeitsform. Auch aktuelle Beginenprojekte sehen sich teilweise als
spirituelle Gemeinschaften. An die Stelle der Frömmigkeit tritt soziale und ökologische
Verantwortung. Die Initiativgruppe Hannover lehnt eine ausdrückliche spirituelle
Ausrichtung für sich ab.
- Kann aber ein solches Projekt ohne spirituelle Seite
überhaupt ein Beginenprojekt sein? Worin besteht dann der Unterschied zu einem ganz
normalen generationsübergreifenden Frauen-Wohnprojekt? Enthalten die Ideen der
Beginen-Initiative Hannover - soziale Verantwortung und Nehmen und
Geben - diese Seite nicht bereits auch wenn sie nicht ausdrücklich benannt
wird? Wenn es auch auf diese Fragen noch keine Antwort gab, ist doch deutlich geworden,
dass die Initiative durch den Bezug auf Beginen gewinnt. Die Beginenidee regt zu
Klärungen des Selbstverständnisses an, die über rein praktische Fragen hinausgehen; die
Reibungspunkte provozieren zu Weiterentwicklung. Zudem ist der Begriff Beginen
äusserst positiv besetzt Diskutantinnen verbanden damit nicht nur einen Sicherheit
verleihenden Rahmen, sondern auch Fröhlichkeit und Lebenslust.
- Verlockend erscheint auch das Bild einer
matriarchalischen Grossfamilie, die durch das Zusammenleben mit (kleinen)
Kindern entstehen kann. Gerade für Frauen, die selbst keine Kinder haben, ist es ein
reizvoller Gedanke, im Zusammenleben mit Kindern Erfahrungen weitergeben zu können.
Herausgehoben wurde auch ein Vorteil, der durch die
Einbeziehung des Wirtschaftens entsteht: die Möglichkeit für Rentnerinnnen, noch
wirtschaftlich aktiv zu sein. Denkbar wäre auch die Verbindung mit einem
Gründerinnenzentrum das könnte eine ideale Synthese bilden.
Initiative Beginenprojekt Hannover wie geht es
weiter?
- Ingeburg Preissler hatte bereits geklärt, welches die
nächsten Schritte sein müssten - der Weg zum konkreten Beginenprojekt wird viel Arbeit,
Zeit und Geld kosten. Beim Themenabend der PlanungsFachFrauen fanden sich fünfzehn
Frauen, die an der Entwicklung eines Beginenprojektes für Hannover interessiert sind.
Inzwischen haben sich noch weitere Interessierte gemeldet. Ein Beginenprojekt für
Hannover scheint gute Aussichten zu haben! Wer selbst interessiert ist oder andere
Interessierte kennt, möge sich jetzt melden, damit das Mögliche auch geschehen kann!
Ansprechpartnerinnen
- Ingeburg Preissler, Wilhelmstr. 11, 30457 Hannover, Tel.
0511/ 46 13 39
- Irma Kublun, Langensalzastr. 1, 30169 Hannover, Tel. 0511/
988 62 01
- Heidi Stahl, Schützenstr. 1, 30161 Hannover, Tel. 0511/ 348
10 96
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