Gründerinnenzentren in der Region Hannover



Rundbrief PlanungsFachFrauen

Ergebnisse des Themenabends der PlanungsFachFrauen im Mai 1999




Frauen gründen anders als Männer

Sie gründen unter anderen Voraussetzungen, setzen andere Prioritäten. Gerade deshalb treffen sie auf besondere Barrieren: "Sie wollen einen Kredit? Bringen Sie Ihren Mann mit!" Erfolgskriterien der Gründerinnen sind häufig qualitativer Art: innere Unabhängigkeit, Lebensqualität, verbesserte Arbeitsbedingungen. Meist eröffnen sie kleinere Unternehmen; weil sie klein bleiben, sind sie für weiterführende professionelle Partner (Banken, Verbände, Unternehmens-Kooperationen) uninteressant; weil sie diese Kontakte nicht haben, fehlt die persönlich fördernde Infrastruktur, die neue Möglichkeiten sichtbar werden läßt.

Gründerinnenzentren: die Besonderheit von Gründerinnen in Stärke verwandeln

Überwiegend kleinere Unternehmerinnen schliessen sich zusammen, nutzen Geschäfte und Büros unter einem Dach, kooperieren und nutzen Ressourcen gemeinsam. Konzipiert sind Gründerinnenzentren auch für jene Frauen, die berufliche Selbständigkeit mit Familienpflichten in Einklang bringen müssen oder wollen: Die Zentren bieten durch ihr betriebswirtschaftliches Konzept und Betreuung in räumlicher Nähe eine Lösung des "Frauenproblems" Kinderversorgung. Das Wie richtet sich nach den jeweiligen Bedingungen: In Hannover sollen den Unternehmerinnen Plätze in einer angrenzenden Kindertagesstätte reserviert werden; in Langenhagen entfiel dieser Bestandteil, weil es keinen Bedarf an Kinderbetreuung gab.

Anders als Gründerzentren sind Gründerinnenzentren nicht nur für den Unternehmensstart gedacht. Die Mieterinnen können nach der Konsolidierung im Zentrum bleiben. Das erste Projekt dieser Art entstand 1984 (die Frankfurter Frauenbetriebe), das europaweit grösste ist die "Weiberwirtschaft" in Berlin, das 1994 den Betrieb aufnahm. In Niedersachsen eröffnete im April 1998 das "Unternehmen Frau" in Celle, im Januar 1999 das Unternehmerinnenzentrum Langenhagen (UZL).

Betriebswirtschaftlich vorteilhaft...

Unternehmerinnenzentren sparen Kosten durch die gemeinsame Anschaffung und Nutzung von Ausstattung, Inventar und Versorgungssystemen, durch optimale Geräteauslastung und Serviceverträge. Durch die räumliche Konzentration kann Verwaltungspersonal "geteilt" werden, auch können sich die Gründerinnen wechselseitig vertreten - eine grosse Erleichterung, wenn die Abwesenheit im Büro beispielsweise wegen eines kranken Kindes unumgänglich ist. Möglich ist auch Gemeinschaftswerbung der Unternehmerinnen im Zentrum. Selbst wenn einzelne Unternehmen zu sehr wachsen oder aufgegeben werden: Der Standort bleibt durch langfristige Mietverträge gesichert.

.... für Regional- und Volkswirtschaft ebenfalls

Die Unternehmerinnenzentren verbessern die regionale Wirtschaftsstruktur, indem Versorgungsstruktur und wirtschaftliche Vielfalt erhalten oder ausgebaut werden. Häufig sind die Zentren innovative Neunutzungen für freigewordene kommunale Gebäude - in Hannover beispielsweise zieht das Unternehmerinnenzentrum in ehemalige Räume des Gesundheitsamtes. Nicht zuletzt tragen Gründerinnenzentren durch ihre Konzentration auf Klein- und Mittelbetriebe dazu bei, dass zusätzliche Arbeits- und Ausbildungsplätze entstehen können.

Von der Idee zum Unternehmerinnenzentrum: ein Hürdenlauf

Von der Idee bis zum Einzug in ein Unternehmerinnenzentrum vergehen mindestens zwei Jahre, in denen die Initiatorinnen meist ehren- oder bestenfalls nebenamtlich arbeiten. Sie müssen

  • ein Konzept entwickeln,
  • eine Betreibergesellschaft organisieren,
  • eine Geschäftsführung finden und vergüten,
  • einen geeigneten, bezahlbaren Zentrumsstandort mit preisgünstigen, marktfähigen Mieten finden,
  • Kredite beschaffen
  • und die Werbetrommel rühren, damit der Standort für Unternehmerinnen und Kundschaft eine gute Adresse wird.

In Niedersachsen ist die Bereitschaft, solche Initiativen zu stützen, relativ hoch ausgeprägt. Ein Blick auf vergleichbare Projekte zeigt allerdings, dass Unterstützung noch ganz anders aussehen könnte: So werden – auch in Hannover - für Gründer- und Technologiezentren kostengünstige, einzugsfertige Räume bereitgestellt; gefüllt werden solche Objekte von hauptamtlichen Geschäftsführern. Unternehmerinnenzentren können von solcher Förderung bislang nur träumen. Und doch gibt es sie!

Kostenermittlung, Rechtsform, Betriebsmittel

Wie können Kosten präzise ermittelt werden, wenn noch gar nicht entschieden ist wo, wann und mit welchen Mieterinnen das Zentrum entstehen wird? Genau das müssen Gründerinnennzentren leisten, wenn sie Kredite aufnehmen wollen: Geldinstitute verlangen "bankfeste" Investitions- und Finanzierungspläne. Gründungskapital ist aber wiederum notwendig, um die Betreibergesellschaft zu gründen. Bei der Rechtsform "GmbH" – die optimale Form für die notwendige Flexibilität und die Minimierung der Risiken – sind für die Gründung mindestens 50.000 DM notwendig.

Das Zentrum ist nicht vom ersten Tag an voll besetzt. Wer zahlt den Mietausfall bzw. die kalkulierten Mieteinnahmen für Zinsen und Tilgung, solange noch Räume leerstehen? Angenommen, ein Objekt eignet sich hervorragend, weil es städtebaulich integriert ist – kurze Wege, Erreichbarkeit mit Bus und Bahn.... – und jetzt nur noch umgenutzt werden muss: Wie kann der Umbau finanziert werden? Jedes dieser Probleme kann das Projekt zum Scheitern bringen – auch noch kurz vor dem Ziel.

Unternehmerinnen im Zentrum

Durch den Standort Unternehmerinnenzentrum gewinnen die Einzelnen Zeit, Know-how, gegenseitige Unterstützung, professionelle Büros, Firmenadresse und Firmenservice. Die Konzentration von "Frauenunternehmen" erzeugt ein Image, das von vielen Kundinnen geschätzt und bewusst gesucht wird.

Männliche Kunden sehen dies mitunter anders: Eine Tierärztin in Berlin fühlt sich im dortigen Zentrum fehl am Platze, weil sich Jungen und Männer nicht in die "Weiberwirtschaft" hineintrauen Die Befürchtung, männliche Kundschaft zu vergraulen, hält auch manche Gründerin vom Einzug ab. Können Unternehmerinnenzentren vermeiden, dass dieser Nachteil zum Tragen kommt? Die neuen Zentren setzen darauf, durch Namen, Gebäudetyp und Marketing zu vermitteln, dass sie für Kundinnen und Kunden offen sind – anscheinend mit Erfolg.

Angestrebt wird eine Mischung an Betrieben, die zum Standort passen und deren Zielgruppen zueinander passen. Gewerbe, Handel und Dienstleistung sollten vertreten sein.

Branchenmix in Unternehmerinnenzentren

  • "Weiberwirtschaft" Berlin (50 Unternehmen): Versicherungsmaklerin, Unternehmensberatung, private Arbeitsvermittlung, EDV-Schule, Steuerberatung, Reisebüro, Druckerei, Restaurant, Kindertagesstätte, Kunstglaserei u.a.
  • "Frauenstadthaus" Bremen (14 Betriebe): Malerin, Therapeutin, Kindergruppe, Massagepraxis, Computerschule, Architektinnen u.a.
  • "Frauenbetriebe" Frankfurt (17 Betriebe): Schneiderei, Metall- und Holzwerkstatt, Modeatelier, private Stellenvermittlung, Messe- und Veranstaltungsorganisation, Sportartikel u.a.
  • Business Center "Unternehmen Frau" Celle: Bewirtungszentrum, Finanz- und Lohnbuchhaltung, Besprechungs- und Seminarräume; Investmentberatung, Baufinanzierung und Versicherung, Praxis-Service, Veranstaltungsservice, Bügelservice, Putzservice.
  • "UZL – Unternehmerinnenzentrum Langenhagen": psychozoziale Beratung, Telemarketing, Agentur für Gesundheitsförderung und Kommunikation, Geschenkservice, Immobilien und Reisen, Finanzen und Versicherung, Marketing und Vertrieb.

Quellen: Informationsdrucksache 1959/97 der Landeshauptstadt Hannover (Juni 1997) sowie Selbstdarstellungen Celle und Langenhagen.

Zukunftsmusik!

In den Zentren in Deutschland überwiegen bislang die Dienstleistungen. In der Diskussion wurde darauf hingewiesen, dass in vergleichbaren Projekten in Spanien handwerkliche Betriebe (z.B. Kunsthandwerk) sehr gut funktionieren. Für Deutschland wünschenswert und aller Voraussicht nach erfolgsträchtig wären Zentren mit dem Schwerpunkt (Neue) Technologien – z.B. im Bereich Biowissenschaft, Maschinenbau und EDV-Anwendungen. In diesen Bereichen gibt es inzwischen zahlreiche hoch qualifizierte Frauen, aber noch wenige Unternehmerinnen. Sie könnten in Gründerinnenzentren gemeinsam nutzen, was für eine allein zu aufwendig ist: Labors, Werkstätten, spezialisierte Programme etc..


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