VorgeschichteWir, die PlanungsFachFrauen Hannover, wollten
erreichen, daß Nutzerinnen Gelegenheit gegeben wird, ihre Kritik und Änderungswünsche
zu äußern - und wir wollten, daß diese Vorstellungen in den Planungsprozeß einbezogen
werden. Mit einer Aktion am Bahnhofsvorplatz im September 1997 und mehreren Stellungnahmen
an Stadtplanungsamt und Bahnhofsmanagement haben wir Forderungen vorgetragen und
konkretisiert:
"Der Hauptbahnhof und sein Umfeld müssen zukünftig auch vor
allem ihrer Funktion als Wegeknotenpunkt gerecht werden. Besonders abends soll der
Vorplatz, der Bahnhof und sein Umfeld nicht als Barriere wirken. Es kann nicht zugelassen
werden, daß die Verbindung zwischen List/Oststadt und Stadtmitte/südwestliche Stadtteile
für Fußgängerinnen, Radfahrerinnen und Umsteigerinnen im ÖPNV nicht bzw. nur unter
erschwerten Bedingungen möglich ist."
Im November 1998 war es Zeit für eine Zwischenbilanz: Wie
beurteilen PlanungsFachFrauen die heutigen Planungen für das Bahnhofsumfeld?
Ernst-August-Platz
Mit dem vorgestellten Plan für den Vorplatz werden Barrieren aus dem
Weg geräumt und zudem die Aufenthaltsqualität erhöht.
Unser Anliegen: "verläßliche Anwesenheit von Menschen im
Posttunnel!"
Bisher konnten sich Fußgängerinnen und Radfahrerinnen darauf
verlassen, daß im "Posttunnel" abends und nachts Taxis stehen, in denen im
Notfall Menschen angesprochen werden können. Die Planungen der Stadt intensive
Beleuchtung, Bushaltestellen an beiden Tunnelausgängen, Blickkontakt zum Taxistand,
publikumsintensive Nutzung am heutigen ZOB, Kiosk an der Alten Celler Heerstraße - kommen
dieser Forderung entgegen: Es wurden Voraussetzungen für eine intensivere Nutzung
geschaffen; es ist allerdings nicht gewährleistet, daß der Bereich tatsächlich im
gewünschten Maß angenommen wird.
Ein Fahrradparkhaus mit Personal wäre wesentlich besser als das
vorgesehene vollautomatische. Bei den Vitrinen im Tunnel muß sichergestellt sein, daß
dort keine sexistische Reklame hängt dafür müßte die Stadt sich wahrscheinlich
Einfluß auf den Inhalt der vermieteten Werbeflächen sichern.
Unser Anliegen am Raschplatz: "Oberirdische Verbindung aus dem
Nordausgang in die Oststadt - Orientierungssicherheit für FußgängerInnen"
Wenn die Pläne der Stadt Öffnung des zweiten Nordausganges,
ein direkter, verbreiterter, oberirdischer Fußweg bis über die Hamburger Allee -
umgesetzt werden, wird dies die Wegeführung wesentlich verbessern. Einen geradlinigen Weg
wird es offensichtlich nur bei einem Eigentümerwechsel geben. Die PlanungsFachFrauen
begrüßen deshalb das Engagement der Stadtverwaltung in dieser Sache. Ergebnis sollte
eine Ausrichtung der Gestaltung und Nutzung der Nordseite an den Interessen der
Nutzerinnen sein (Männer sind mitgemeint).
Die Kinos und die Diskothek sind unserer Erfahrung nach wichtige
"Lichtblicke" in der Betonwüste auf der nördlichen Bahnhofsseite: Sie sind
belebt und intensiv genutzt. Dies sollte keinesfalls aufs Spiel gesetzt werden. Pläne
für den Bereich jenseits der Rotunde lagen uns nicht vor. Es erscheint uns wesentlich,
daß hier besonders sorgfältig geplant wird:
- Mögliche negative erdrückende - Wirkungen eines "Siebengeschossers"
an dieser Stelle sollten bedacht und ausgeschaltet werden.
- Wie wird die Sichtachse jenseits der Rotonde (bzw. unter und nach dem
"Siebengeschosser") fortgesetzt? Hierfür erscheint uns eine Torsituation
wünschenswert.
ZOB/ Telekom/ Postgelände
Die Stadt Hannover hatte sich in diesem Bereich eine Cityerweiterung
gewünscht. Hierfür wurde inzwischen ein Investor gefunden, ein entsprechender
städtebaulicher Vertrag wurde im Dezember vom Rat verabschiedet. Einige
PlanungsFachFrauen befürchten, daß die geplanten großen Einkaufsflächen eine
"tödliche Konkurrenz" für den Einzelhandel in der Lister Meile werden
könnten. Andere entgegnen, daß dieser Bereich weit genug von der Meile entfernt und mehr
der Innenstadt zuzurechnen sei. Dort gebe es eher zuwenig als zuviele
Lebensmittelgeschäfte. Auch sei es wünschenswert, wenn der Einkauf von täglichem Bedarf
in unmittelbarer Nähe einer zentralen Umsteigestation zu den Nahverkehrszügen möglich
wird.
Geplanter Standort für den ZOB ist ungeeignet!
Der dem ZOB zugedachte Standort ein ganzes Stück von der
Straße entfernt, direkt neben den Ferngleisen, aber durch Parkdecks bedeckt ist
ein sehr ungeeigneter Standort: Die Busse können von außen nicht wahrgenommen werden,
die Fußwege von den Bahnen werden unnötig lang und es fehlt soziale Kontrolle. Außerdem
muß vermieden werden, daß der ZOB "Parkhausatmosphäre" erhält, denn das
würde dazu führen, daß Fahrgäste wegbleiben oder daß extra Personal eingestellt
werden muß, um die Sicherheit zu gewährleisten. Tageslicht muß einfallen, die Höhe
muß das technische Mindestmaß überschreiten. Anregen möchten wir auch eine Anordnung,
wie sie bei vielen neueren Busbahnhöfen bereits realisiert ist: Die Fahrgäste warten
gemeinsam auf einer größeren zusammenhängenden Wartefläche statt auf jeweils einer
kleinen schmalen Insel.
Wesentlich günstiger wäre die Lage des ZOB an der Alten Celler
Heerstraße parallel zur Straße angeordnet oder im Flächentausch mit den derzeit
an der Straße vorgesehenen Geschäften. Damit wären die Busse und die wartenden
Fahrgäste sichtbar und leicht erreichbar.
Die Anforderungen an den ZOB könnten weit niedriger sein, wenn die
Fahrgäste gar nicht dort, sondern direkt am Tunnelausgang in beide Richtungen einsteigen
könnten. Das wird zwar diskutiert, ist aber noch nicht abzusehen.
Kritik: Planung ohne Nutzerinnen!
Frauen sind es, die die öffentlichen Verkehrsmittel überwiegend
nutzen; sie sind die Mehrzahl der BürgerInnen; sie sind Käuferinnen und Wählerinnen.
Wir meinten, daß DB-AG, Stadtverwaltung, Anlieger und Ratsgremien deren Erfahrungen und
Wünsche nicht außen vor lassen dürften. Uns als PlanungsFachFrauen hat das
Stadtplanungsamt mehrfach aktuelle Pläne vorgestellt; auch sind die von uns vorgetragenen
Anliegen tatsächlich weitgehend berücksichtigt worden.
Versäumt wurde aber das Gespräch mit den alltäglichen Nutzerinnen des Bahnhofes und
seines Umfeldes immerhin handelt es sich um den zentralen Knotenpunkt des
nichtmotorisierten Verkehrs in Hannover! Damit wurde die Chance vertan, sich ihre
Nutzungskenntnisse und Anregungen zunutze zu machen und damit die Chance, die
Planungen zu verbessern.