Der Hauptbahnhof Hannover wird umgestaltet -

was wurde aus den Vorschlägen der PlanungsFachFrauen?




Rundbrief PlanungsFachFrauen Januar 1999 (Kurzfassung)





Vorgeschichte

Wir, die PlanungsFachFrauen Hannover, wollten erreichen, daß Nutzerinnen Gelegenheit gegeben wird, ihre Kritik und Änderungswünsche zu äußern - und wir wollten, daß diese Vorstellungen in den Planungsprozeß einbezogen werden. Mit einer Aktion am Bahnhofsvorplatz im September 1997 und mehreren Stellungnahmen an Stadtplanungsamt und Bahnhofsmanagement haben wir Forderungen vorgetragen und konkretisiert:

"Der Hauptbahnhof und sein Umfeld müssen zukünftig auch vor allem ihrer Funktion als Wegeknotenpunkt gerecht werden. Besonders abends soll der Vorplatz, der Bahnhof und sein Umfeld nicht als Barriere wirken. Es kann nicht zugelassen werden, daß die Verbindung zwischen List/Oststadt und Stadtmitte/südwestliche Stadtteile für Fußgängerinnen, Radfahrerinnen und Umsteigerinnen im ÖPNV nicht bzw. nur unter erschwerten Bedingungen möglich ist."

Im November 1998 war es Zeit für eine Zwischenbilanz: Wie beurteilen PlanungsFachFrauen die heutigen Planungen für das Bahnhofsumfeld?

Ernst-August-Platz

Mit dem vorgestellten Plan für den Vorplatz werden Barrieren aus dem Weg geräumt und zudem die Aufenthaltsqualität erhöht.

Unser Anliegen: "verläßliche Anwesenheit von Menschen im Posttunnel!"

Bisher konnten sich Fußgängerinnen und Radfahrerinnen darauf verlassen, daß im "Posttunnel" abends und nachts Taxis stehen, in denen im Notfall Menschen angesprochen werden können. Die Planungen der Stadt – intensive Beleuchtung, Bushaltestellen an beiden Tunnelausgängen, Blickkontakt zum Taxistand, publikumsintensive Nutzung am heutigen ZOB, Kiosk an der Alten Celler Heerstraße - kommen dieser Forderung entgegen: Es wurden Voraussetzungen für eine intensivere Nutzung geschaffen; es ist allerdings nicht gewährleistet, daß der Bereich tatsächlich im gewünschten Maß angenommen wird.

Ein Fahrradparkhaus mit Personal wäre wesentlich besser als das vorgesehene vollautomatische. Bei den Vitrinen im Tunnel muß sichergestellt sein, daß dort keine sexistische Reklame hängt – dafür müßte die Stadt sich wahrscheinlich Einfluß auf den Inhalt der vermieteten Werbeflächen sichern.

Unser Anliegen am Raschplatz: "Oberirdische Verbindung aus dem Nordausgang in die Oststadt - Orientierungssicherheit für FußgängerInnen"

Wenn die Pläne der Stadt – Öffnung des zweiten Nordausganges, ein direkter, verbreiterter, oberirdischer Fußweg bis über die Hamburger Allee - umgesetzt werden, wird dies die Wegeführung wesentlich verbessern. Einen geradlinigen Weg wird es offensichtlich nur bei einem Eigentümerwechsel geben. Die PlanungsFachFrauen begrüßen deshalb das Engagement der Stadtverwaltung in dieser Sache. Ergebnis sollte eine Ausrichtung der Gestaltung und Nutzung der Nordseite an den Interessen der Nutzerinnen sein (Männer sind mitgemeint).

Die Kinos und die Diskothek sind unserer Erfahrung nach wichtige "Lichtblicke" in der Betonwüste auf der nördlichen Bahnhofsseite: Sie sind belebt und intensiv genutzt. Dies sollte keinesfalls aufs Spiel gesetzt werden. Pläne für den Bereich jenseits der Rotunde lagen uns nicht vor. Es erscheint uns wesentlich, daß hier besonders sorgfältig geplant wird:

  • Mögliche negative – erdrückende - Wirkungen eines "Siebengeschossers" an dieser Stelle sollten bedacht und ausgeschaltet werden.
  • Wie wird die Sichtachse jenseits der Rotonde (bzw. unter und nach dem "Siebengeschosser") fortgesetzt? Hierfür erscheint uns eine Torsituation wünschenswert.

ZOB/ Telekom/ Postgelände

Die Stadt Hannover hatte sich in diesem Bereich eine Cityerweiterung gewünscht. Hierfür wurde inzwischen ein Investor gefunden, ein entsprechender städtebaulicher Vertrag wurde im Dezember vom Rat verabschiedet. Einige PlanungsFachFrauen befürchten, daß die geplanten großen Einkaufsflächen eine "tödliche Konkurrenz" für den Einzelhandel in der Lister Meile werden könnten. Andere entgegnen, daß dieser Bereich weit genug von der Meile entfernt und mehr der Innenstadt zuzurechnen sei. Dort gebe es eher zuwenig als zuviele Lebensmittelgeschäfte. Auch sei es wünschenswert, wenn der Einkauf von täglichem Bedarf in unmittelbarer Nähe einer zentralen Umsteigestation zu den Nahverkehrszügen möglich wird.

Geplanter Standort für den ZOB ist ungeeignet!

Der dem ZOB zugedachte Standort – ein ganzes Stück von der Straße entfernt, direkt neben den Ferngleisen, aber durch Parkdecks bedeckt – ist ein sehr ungeeigneter Standort: Die Busse können von außen nicht wahrgenommen werden, die Fußwege von den Bahnen werden unnötig lang und es fehlt soziale Kontrolle. Außerdem muß vermieden werden, daß der ZOB "Parkhausatmosphäre" erhält, denn das würde dazu führen, daß Fahrgäste wegbleiben oder daß extra Personal eingestellt werden muß, um die Sicherheit zu gewährleisten. Tageslicht muß einfallen, die Höhe muß das technische Mindestmaß überschreiten. Anregen möchten wir auch eine Anordnung, wie sie bei vielen neueren Busbahnhöfen bereits realisiert ist: Die Fahrgäste warten gemeinsam auf einer größeren zusammenhängenden Wartefläche statt auf jeweils einer kleinen schmalen Insel.

Wesentlich günstiger wäre die Lage des ZOB an der Alten Celler Heerstraße – parallel zur Straße angeordnet oder im Flächentausch mit den derzeit an der Straße vorgesehenen Geschäften. Damit wären die Busse und die wartenden Fahrgäste sichtbar und leicht erreichbar.

Die Anforderungen an den ZOB könnten weit niedriger sein, wenn die Fahrgäste gar nicht dort, sondern direkt am Tunnelausgang in beide Richtungen einsteigen könnten. Das wird zwar diskutiert, ist aber noch nicht abzusehen.

Kritik: Planung ohne Nutzerinnen!

Frauen sind es, die die öffentlichen Verkehrsmittel überwiegend nutzen; sie sind die Mehrzahl der BürgerInnen; sie sind Käuferinnen und Wählerinnen. Wir meinten, daß DB-AG, Stadtverwaltung, Anlieger und Ratsgremien deren Erfahrungen und Wünsche nicht außen vor lassen dürften. Uns als PlanungsFachFrauen hat das Stadtplanungsamt mehrfach aktuelle Pläne vorgestellt; auch sind die von uns vorgetragenen Anliegen tatsächlich weitgehend berücksichtigt worden.

Versäumt wurde aber das Gespräch mit den alltäglichen Nutzerinnen des Bahnhofes und seines Umfeldes – immerhin handelt es sich um den zentralen Knotenpunkt des nichtmotorisierten Verkehrs in Hannover! Damit wurde die Chance vertan, sich ihre Nutzungskenntnisse und Anregungen zunutze zu machen – und damit die Chance, die Planungen zu verbessern.




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