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Frauenbelange in Nahverkehrsplänen: Was sollte erreicht
werden?
- Frauen sind es, die Busse und Bahnen überwiegend nutzen.
Dennoch ist das Angebot des öffentlichen Verkehrs nicht auf ihre Bedürfnisse abgestimmt.
Welche Anforderungen stellen Frauen an den öffentlichen Verkehr? Vor allem geht es um
- zeitliche und räumliche Erreichbarkeit,
- Gebrauchsfähigkeit,
- Sicherheit vor Männergewalt,
- Sicherheit vor Verkehrsunfällen.
Was ist ein Nahverkehrsplan (NVP)?
- Der Nahverkehrsplan ist ein neues Planungsinstrument, das im
Rahmen der Regionalisierung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) mit der
Verabschiedung der Landesnahverkehrsgesetze eingeführt wurde. Erstmalig wird damit die
Gestaltung des ÖPNV an eine Planung seitens der kommunalen Gebietskörperschaften
gebunden.
- Der NVP bildet den Rahmen für die Entwicklung des ÖPNV
und beschreibt die Vorstellungen der für den öffentlichen Verkehr verantwortlichen
Behörde (Aufgabenträger) für die zukünftige Gestaltung des Angebotes.
Für davon abweichende Planungen gibt es keine Gelder des Land es mehr. Die Planung
und Abwicklung des öffentlichen Verkehrs wird damit transparenter: Der Ist-Zustand, die
Ziele und die geplanten Maßnahmen müssen mindestens alle fünf Jahre offengelegt werden
und dies unter Beteiligung zumindest eines Teiles der Öffentlichkeit.
- Literaturtip:
Weichenstellung Frauen verändern den ÖPNV. Planung des ÖPNV aus Frauensicht, von
Angela Fuhrmann im Auftrag des Niedersächsischen Frauenministeriums, Hannover 1997.
Erhältlich beim niedersächsischen Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales,
Hinr.-Wilh.-Kopf-Platz 2, 30159 Hannover.
Niedersächsisches Landesnahverkehrs-Gesetz:
Chance für die Integration von Frauenbelangen verpasst!
- Feministische Verkehrsplanerinnen hatten in der
Regionalisierung des Nahverkehrs eine herausragende Chance für eine Wende hin zu einer
geschlechtergerechten Mobilität gesehen. So gab auch die Landesarbeitsgemeinschaft der
Kommunalen Frauenbeauftragten Niedersachsens frühzeitig eine Stellungnahme zum
Niedersächsischen Nahverkehrsgesetz (NNVG) ab und schlug vor,
- daß alle Nahverkehrspläne umfassende Mängelanalysen aus
Frauensicht und Handlungsempfehlungen zum Abbau der festgestellten Mängel enthalten
müssen;
- daß Frauen auf allen relevanten Ebenen und bei allen
relevanten Ebenen beteiligt werden müssen.
- Leider blieben beide Vorschläge unberücksichtigt.
Festgeschrieben wurde im NNVG, daß den Belangen von Frauen angemessen Rechnung zu
tragen ist. Die Entscheidung der GesetzgeberInnen, in puncto Frauenbelange auf
konkrete Vorgaben zu verzichten, bedeutet vor allem, daß die Aufgabe
geschlechtergerechte Mobilität der kommunalen Ebene zugeschoben wird. Dies
ist im Zusammenhang zu sehen mit der generellen Qualität des niedersächsischen
Nahverkehrsgesetzes, das als zahnlos, bundesweit fast Schlußlicht bewertet
wurde und damit vergleichsweise ungünstige Voraussetzungen für eine feministische
und ökologische Verkehrswende bietet. Welche Ansatzpunkte liefert nun das NNVG?
Anknüpfungspunkte für Frauenbelange in den
Grundsätzen und Zielen des Niedersächsischen Nahverkehrs-Gesetzes (NNVG)
- Die Sicherheit einer ausreichenden Bedienung mit
Verkehrsleistungen im ÖPNV ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge (§2, (2)). Das
heißt: der ÖPNV ist keine freiwillige also auch unterlaßbare -
Aufgabe.
- Das Bedienungsangebot soll sich nach den Bedürfnissen
der Bevölkerung (...) richten (§2, (4), 1.). Dies kann in Nahverkehrsplänen
konkretisiert werden. Solche Bedürfnisse sind zum Beispiel kurze Wege oder Erreichbarkeit
wichtiger Versorgungseinrichtungen.
- Bei Planung, Bau Ausbau und Umbau von Verkehrsanlagen
und bei der Fahrzeugbeschaffung sind die besonderen Bedürfnisse von Personen mit
eingeschränkter Beweglichkeit, älteren Menschen, Kinder und Personen mit Kindern
angemessen zu berücksichtigen. Die öffentlichen Zuwendungsgeber werden aufgefordert,
Maßnahmen vorrangig zu fördern, die den besonderen Bedürfnissen dieser Nutzergruppen
entsprechen. (§2 (4), 2.)
- Bei der Gestaltung von baulichen Anlagen sowie beim
Bedienungsangebot ist den Belangen von Frauen angemessen Rechnung zu tragen. (§2
(4), 4.)
- Beim NVP sind Verbände, die die Interessen der
Fahrgäste vertreten, (..) zu beteiligen. (§6 (4)).
- Der NVP Großraum Hannover wurde in einer Projektgruppe
erarbeitet, zu der auch die Gleichstellungsbeauftragte des Kommunalverbandes gehörte. Sie
brachte nicht nur Frauenbelange ein, sondern war darüber hinaus auch Koordinatorin für
die Beteiligung der Fahrgastverbände. Zur Vertretung der Interessen der weiblichen
Fahrgäste war der Landesfrauenrat beteiligt.
- Der Nahverkehrsplan Großraum Hannover zeichnet sich in
puncto Frauenbelange vor allem dadurch aus, daß die Frauenbelange integriert sind: Es
wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Frauenbelange ein Querschnittsthema sind,
das bei der Gestaltung des gesamten Verkehrsangebotes zu berücksichtigen ist. Zusätzlich
sind frauenrelevante Sachverhalte im Teil E/Handlungsbedarf und Maßnahmen ausführlich
dargestellt.
Erfahrungen, Strategien, Erfolge andernorts in
Niedersachsen
- In Niedersachsen mußten alle Nahverkehrspläne am 1.1.1998
vorliegen. Gute Erfahrungen mit frauenbezogenen Aktivitäten gab es genauso wie
ernüchternde. Einigen Frauenbeauftragten wurde es sehr schwer gemacht. Teilweise führte
schon die Hinzuziehung einer externen Expertin zum Eklat.
- In einem Landkreis wurde ausdrücklich erklärt - und in der
Presse ausführlich dargestellt daß die von der Frauenbeauftragten in Gang
gebrachte Bürgerinnenbeteiligung nicht den geringsten Einfluß auf den Nahverkehrsplan
haben würde.
- In anderen Orten gab es erfolgreichere Initiativen zur
Integration von Frauenbelangen in die NVP teils wurden Informationsveranstaltungen
für PolitikerInne und/oder Bürgerinnen angeboten, teils intensivere Formen wie
Werkstätten oder Probefahrten. Wo mehrere Aktive Frauenbeauftragte, Planerinnen,
Politikerinnen, Bürgerinnen zusammen wirken konnten, waren auch die
Umsetzungschancen gut.
- Erfolgreich war beispielsweise die Arbeit der AG der
kommunalen Frauenbeauftragten im Großraum Braunschweig in Kooperation mit einer
engagierten Planerin. Was mit einer Ausstellung Regina Mobilia (der
PFF-Rundbrief berichtete) begonnen und Diskussionen selbst in kleineren Dörfern
entzündet hatte, führte zur Berücksichtigung von für Frauen wichtigen Belangen im
NVP-Entwurf und in der Endfassung.
Erfahrungen, Strategien, Erfolge in anderen
Bundesländern
- Die Erfahrungen aus Sachsen Anhalt sind
besonders interessant, weil dort per Gesetz die Berücksichtigung der Belange von
Frauen verbindlich vorgeschrieben ist. Der Nahverkehrsplan muß den Bestand und
die vorgesehene Entwicklung des Netzes des ÖPNV sowie eine Darlegung der Belange von
Frauen (..) verbunden mit einer Mängelanalyse enthalten. Weiterhin ist
festgeschrieben, daß Maßnahmen (...) zur Beseitigung der in der Analyse (...)
festgestellten Mängel in den NVP enthalten sein müssen. Auch die Unterstützung
des Aufgabenträgers durch einen ehrenamtlichen Beirat ist vorgegeben, an dem z.B.
Kreiselternräte, Interessenvertretungen von Frauen, Interessenvertretungen von Senioren
zu beteiligen sind.
- So war dann die Mitarbeit von Gleichstellungsbeauftragten in
den Beiräten eine Selbstverständlichkeit, die auch vielerorts genutzt wurde.
- Die kommunalen Aktivitäten wurden durch Veranstaltungen der
Landeszentrale für politische Bildung und des Ministeriums für Wohnungswesen, Städtebau
und Verkehr unterstützt.
- Die Leitstelle für Frauenpolitik hat nach Beschluß der
ersten Nahverkehrspläne eine Studie zur Integration der Frauenbelange in die
Nahverkehrsplanung vergeben, mit der die Ergebnisse in zwei NVP exemplarisch analysiert
werden.
- Die verbindlichen Regelungen Mängelanalyse aus
Frauensicht und Nennung von Maßnahmen zur Beseitigung der Mängel sowie Beteiligung von
Frauen schufen den bereits Sensibilisierten günstige Voraussetzungen für
erfolgreiches Handeln.
- Aber selbst in Sachsen-Anhalt sollte noch mehr passieren:
Für viele nicht mit dem Thema Vertraute war aber auch in Sachsen-Anhalt der Vorlauf viel
zu kurz; auch fehlte Geld für die Unterstützung durch Externe.
- In Nordrhein-Westfalen hatten sich Fachfrauen sehr frühzeitig
mit dem Thema befaßt, Aktivitäten auf regionaler und kommunaler Ebene entfaltet. Dem
Rundbrief der Feministischen Organisation von Planerinnen und Architektinnen (FOPA) war zu entnehmen, daß in
Dortmund die Frauen sauer blieben, weil der Nahverkehrsplan an den
Interessen der Frauen vorbeikurvt (WR, 135.97) - wenigstens wurde das Ergebnis dank
der FOPA-Frauen öffentlich.
- Dagegen können die Essenerinnen zufriedener sein: Aktive
Frauen außerhalb und innerhalb der Verwaltung erreichten, daß Frauen-Werkstätten und
eine umfassende Mängelanalyse durchgeführt wurden und deren Ergebnisse in den
Nahverkehrsplan einfließen. Angela Fuhrmann hat solche Werkstätten mit spezifischen
Nutzerinnengruppen (Mädchen von 14 18 Jahren, Mütter mit kleineren Kindern,
Frauen ab 60) durchgeführt. Eine weitere Form der Analyse sind Haltestellengutachten, wie
es beispielsweise die FOPA für Mülheim/ Ruhr erstellt hat.
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